Paul/Mostofizadeh: Land muss bei Armutsbekämpfung vorangehen
Zur heutigen Sachverständigenanhörung über den aktuellen Sozialbericht NRW 2020 im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales erklären Josefine Paul, Vorsitzende und familienpolitische Sprecherin, und Mehrdad Mostofizadeh, sozialpolitischer Sprecher der GRÜNEN Landtagsfraktion NRW:
Josefine Paul: „Besonders dramatisch stellt sich die Lage für Kinder dar. Jedes vierte Kind in NRW ist arm oder von Armut bedroht. Damit liegt der Anteil armer Kinder in NRW mit rund 25 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt (20,5 Prozent). Die Corona-Krise verschärft die soziale Ungleichheit und hat erhebliche Folgen auf Bildungs- und Teilhabechancen. Vor dem Hintergrund der teilweise dramatischen Armutslagen von Kindern und Jugendlichen in manchen Kommunen in NRW, muss die Landesregierung sich aktiv für die Einführung einer Kindergrundsicherung auf Bundesebene einsetzen. Darüber hinaus gehört zu einer Gesamtstrategie der Ausbau und die bedarfsgerechte Ausstattung der Infrastruktur für Bildung und Teilhabe.
Armut zu beenden, ist eine große Aufgabe. Wir brauchen eine landesweite Armutsbekämpfungsstrategie, um Armut endlich an der Wurzel zu packen. Dazu braucht es eine kontinuierliche Begleitung beispielsweise in Form einer Landesarmutskonferenz mit Einbindung der unterschiedlichen Akteure aus Wohlfahrtspflege, Gewerkschaften, Verbänden und der Wirtschaft, als auch der Kommunen.“
Mehrdad Mostofizadeh: „Armut grenzt aus, macht krank und beeinträchtigt Zukunftschancen. Deshalb sind die Ergebnisse des Sozialberichts 2020 zur sozialen Lage in NRW ernüchternd. Die Sachverständigen haben in der heutigen Anhörung deutlich gemacht, dass sich Armut in NRW nicht nur verfestigt, sondern durch Corona noch verstärkt wird. Armut ist regional unterschiedlich ausgeprägt. Das Land muss gerade die ärmeren Kommunen unterstützen, um die öffentliche und soziale Infrastruktur dort zu stärken, wo die Menschen am stärksten benachteiligt sind. Das Land muss endlich die Altschuldenproblematik der Kommunen lösen und einen Altschuldenfonds auf den Weg bringen. Denn Teilhabe darf nicht von der Postleitzahl abhängen.
Armut ist vor allem eine Folge von Erwerbsarmut. Faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen sind der Schlüssel zum Abbau von Erwerbsarmut und zur Bekämpfung des Fachkräftemangels, gerade in den sozialen, erzieherischen und Pflegeberufen. Das Land muss eine Vorbildfunktion einnehmen und Aufträge nur noch an Unternehmen mit fairen Arbeitsbedingungen vergeben. Solch ein sozial gerechtes Vergabesystem kann Leiharbeit und Werkverträge zurückdrängen und die Tarifbindung stärken. Schwarz-Gelb hat dieses Instrument für mehr soziale Gerechtigkeit zu Beginn der Legislatur durch eine deutliche Verschlechterung der Vergabegrundsätze geschleift.“
http://gruene.fr/19p