Sportgroßveranstaltungen in Diktaturen: Boykott oder was tun?
Die Sport AG von Bündnis 90/Die Grünen/GAL Münster hat über das Thema „Zwischen Profit und Menschenrechten – internationale Sportereignisse in Diktaturen“ in einem Zoom – Meeting mit Josefine Paul (sportpolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion NRW) und Dietrich Schulze-Marmeling (Buchautor) diskutiert. Entstanden ist die Idee, als Teil der Veranstaltungsreihe „Freiheit und Demokratie“, die aktuelle Absage der Eishockey-WM in Belarus. Jetzt entzündete sich die Diskussion an Boykottaufrufen an der Fußballweltmeisterschaft in Katar und anderen Großveranstaltungen. Dietrich Schulze-Marmeling Mitorganisator der Aktion Boykott Katar 2022, siehe https://www.boycott-qatar.de: „Boykottaufrufe können nicht gegen jede Sportveranstaltung funktionieren, obwohl in vielen Ländern Menschenrechte nicht beachtet oder soziale und ökologische Standards nicht eingehalten werden. Aber im Wüstenstaat Katar sind viele Diskriminierungen sogar gesetzlich verankert und haben deswegen noch mal einen besonderen Status. Auch sind die Arbeitsbedingungen für die vielen tausend Arbeiter aus Ostasien menschenunwürdig. Es hat während der Bauphase schon über 6000 Tote gegeben.“
Viele der Arbeiter*innen warten schon Monate auf ihren kärglichen Lohn. Und wofür: Damit ein rauschendes Fußballfest in Katar gefeiert wird und die Kataris ihren Gigantismus zur Schau stellen können. Der Hinweis auf die WM von 1978 in der damaligen Diktatur Argentinien hat das noch mal untermauert. Eine Boykottaktion kann sehr vieles zur Aufklärung in den jeweiligen Ländern rund um die Sportveranstaltungen verdeutlichen.
Josefine Paul, auch Co-Fraktionschefin: „Sport hat eine hohe gesellschaftliche Bedeutung. Damit geht aber auch eine große gesellschaftliche Verantwortung für Sportorganisationen einher. Menschenrechte dürfen nicht nur Teil sportpolitischer Sonntagsreden sein, sondern müssen auch eine zentrale Rolle bei der Vergabe von Sportgroßveranstaltungen spielen. Dazu gehört auch mehr Transparenz bei Vergabekriterien und -prozessen sowie in den internationalen Sportorganisationen selbst.“
Rainer Bode, Sprecher der Sport AG: „Und wir müssen uns auf der einen Seite die Strukturen der Großorganisationen wie FIFA und IOC genauer anschauen, die zum Teil unaufhaltbare Kommerzialisierung im Sport in möglichst sinnvolle Bahnen zu lenken. Und wir müssen die Sportler*innen in Ihrem Zwiespalt begleiten, die oft jahrelang für Olympia oder einer WM trainieren, um dann vor einer Absage zu stehen und auf der anderen Seite die Grenzen einer Teilnahme klar abzustecken.“ Die Diskussion wird sicherlich fortgesetzt werden und auch darum gehen was das für Sportler*innen in Münster bedeutet.
In jedem Fall geht es im April und im Mai mit weiteren spannenden Veranstaltungen aus der Reihe „Freiheit und Demokratie“ weiter. Die AG „Demokratie und Recht“ wird eine Veranstaltung zur Wehrhaftigkeit von Demokratien organisieren und CampusGrün veranstaltet eine Diskussionsrunde zum Thema Wissenschaftsfreiheit und der Frage ob Wissen auch Freiheit schafft.