Josefine Paul (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Generalkonsulin Shum! Sehr geehrter Herr Generalkonsul Wawrzyniak! Sehr geehrte Frau Generalkonsulin Larischová! Sehr geehrter Herr Generalkonsul Szilagyi!
Morgen ist der 24. März. Das heißt, dass mit dem Ende des heutigen Tages bereits ein ganzer Monat lang ein brutaler Angriffskrieg tobt, nachdem Russland den seit 2014 in der Ukraine schwelenden Krieg in der Ostukraine eskaliert hat.
Die Bilder von zerstörten Städten, von ausgebrannten Häusern, von Panzern in Wohnvierteln, von Schulen und Krankenhäusern, die bombardiert werden, sind kaum zu ertragen. Die Nachrichten von Kindern, die in U-Bahn-Schächten geboren werden, von Frauen, die mit Säuglingen und Kindern im Arm über unsichere Fluchtrouten Schutz suchen müssen, immer mit der Angst, dass ihren Kindern oder ihnen etwas geschieht, lassen eine nur schwer los. Wir können ihre Angst, ihren Schmerz, aber auch ihre Wut wohl kaum ermessen.
Für all diese Schrecken des Krieges trägt Wladimir Putin die Verantwortung. Der Überfall auf die Ukraine tritt das Völkerrecht mit Füßen. Niemand hat das Recht, die Freiheit und die Selbstbestimmung der Ukrainerinnen und Ukrainer mit Gewalt infrage zu stellen.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD, der FDP und Präsident André Kuper)
Dieser Krieg des russischen Machthabers ist aber auch ein Angriff auf die Demokratie, auf die Friedensordnung Europas und die Werte der offenen Gesellschaft. Es wird Wladimir Putin aber nicht gelingen, das Streben nach Freiheit und Demokratie zu stören.
Ich bin froh, dass von diesem Landtag heute das unmissverständliche Zeichen ausgeht, dass Demokratinnen und Demokraten in diesen Zeiten zusammenstehen, zusammen an der Seite der Ukraine und ihrer Menschen, aber auch an der Seite derer, die Widerstand leisten – auch in Russland trotz ihrer eigenen Angst vor einem Regime, das nicht vor brutalsten Mitteln auch gegen die eigene Bevölkerung zurückschreckt.
Wir dürfen nicht vergessen: Hinter all diesem Leid stecken individuelle Schicksale von Menschen, die vom einen auf den anderen Tag aus ihrem gewohnten Leben gerissen und ihrer Heimat beraubt wurden. Millionen Menschen sind bereits auf der Flucht, und Tausende sind schon in Nordrhein-Westfalen angekommen. Wir müssen nun alles dafür tun, dass sie hier Schutz und Unterstützung finden.
Zu uns kommen vor allem Frauen und Kinder sowie ältere und erkrankte Menschen, die hier eine sichere Zuflucht finden müssen. Sie müssen aber auch für ihre speziellen Bedürfnisse zielgenaue Unterstützungs‑ und Unterbringungsangebote finden. Vor allem müssen gerade Kinder wieder Kinder sein können.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)
Die überwältigende Solidarität und die Hilfsbereitschaft der Menschen, die wir in den letzten Tagen sehen, sind beeindruckend. Ich möchte mich für diesen Einsatz bei allen von Herzen bedanken: bei den Flüchtlings‑ und Hilfsorganisationen, den Privatpersonen und Unternehmen, den Religionsgemeinschaften und der ukrainischen Community, die ganz konkret mit Unterkünften, mit Beratung, mit Hilfslieferungen und mit Spenden helfen. Ihnen gilt unser ganz großer Dank.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)
Am Sonntag war im WDR eine bewegende Geschichte von einer Frau aus Stolberg zu sehen, die beim Hochwasser im vergangenen Jahr ihr Geschäft verloren hat. Diese Frau fährt nun Hilfsgüter an die polnisch-ukrainische Grenze und nimmt Geflüchtete von dort aus mit nach Nordrhein-Westfalen. Die Hilfe, so beschreibt sie es in dem Beitrag, die ihr nach dem Hochwasser zuteilgeworden sei, trage nun dazu bei, anderen helfen zu wollen.
Sehr geehrte Damen und Herren, die kleine Geschichte dieser Frau hat mir Mut gegeben, und sie kann für uns alle Inspiration sein, dass die Dunkelheit und die Aggression dieses Krieges nicht siegen werden.
(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)
Mit großem Engagement wird in unseren Kommunen vor Ort jetzt alles getan, um geflüchtete Menschen aufzunehmen. Die Kommunen gehen dabei an ihre Grenzen, denn auch sie arbeiten seit zwei Jahren im Krisenmodus – zunächst wegen der Coronapandemie, die immer noch nicht vorbei ist, und dann wegen des Hochwassers, von dem viele Kommunen erschüttert wurden. Dennoch arbeiten sie jetzt mit Hochdruck daran, Menschen aus der Ukraine unterzubringen und Kindern in diesen schrecklichen Zeiten ein Stück Normalität zurückzugeben. Ad hoc haben sie Strukturen aufgebaut oder reaktiviert. Ohne dieses zupackende Handeln vor Ort wären die Herausforderungen nicht zu meistern.
Die Kommunen und die Zivilgesellschaft brauchen bei ihrem großen Engagement jetzt aber dringend die Unterstützung von Land und Bund. Die Kommunen brauchen klare finanzielle Zusagen, aber auch Unterstützung bei der Registrierung, der Unterbringung, der Beschulung und der medizinischen Versorgung der Geflüchteten.
(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und Christof Rasche [FDP])
Sehr geehrte Damen und Herren, der Krieg in der Ukraine führt uns schmerzlich vor Augen, wie fragil Frieden und Freiheit sind, und er macht uns bewusst, wie viel Leid es überall auf der Welt gibt. Humanität ist vor diesem Hintergrund ein universelles Gebot.
(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)